Aloha!
Für den Einen oder Anderen ist die Saison noch nicht zu Ende, ein später Marathon oder gar der Ironman Hawaii stehen noch auf dem Programm. Die meisten von Euch befinden sich in der Off-Season und machen sich Gedanken um die nächste Saison. Die Gedankenfetzen kreisen um „Ich würde ja gerne …“, „Lust hätte ich auf…“ oder sind schon einen Schritt weiter und ganz konkret „Ich bin gemeldet in … am“.
Selbst die, die schon wissen, WO sie starten, wissen noch nicht unbedingt, WAS sie da erreichen wollen. Klar, das Ziel, also finishen. Ein DNF plant wahrscheinlich niemand. 😉
Letztendlich geht es darum, wie man sich welches Ziel setzt.
Dabei geht es um folgende Fragen:
- Gibt es einen Termin und Ort?
- Was bin ich bereit zu investieren?
- Wie sind meine Voraussetzungen?
- Was ist meine Vision?
- Welche Steigerungen traue ich mir zu bzw. sind nicht völlig utopisch.
Termin und Ort – das ist am einfachsten zu klären. Diejenigen, die sich beispielsweise in Roth um 6 Uhr morgens in die Schlange stellen, um einen Startplatz zu ergattern, zeigen mit dem Finger schräg gegenüber auf den Festplatz mit dem Zielbogen und sagen: „Ich will da durchlaufen. Am …“ Und der Termin ist für sie präsenter als der eigene Geburtstag. Termin und Ort sind also in Stein gemeißelt. Für diejenigen, die im Herbst noch zwischen Wünschen und Ideen die richtige Inspiration suchen, kristallisiert sich irgendwann auch etwas konkretes, sprich ein Ort und ein Datum, heraus.
Aber wenn man dann weiter fragt – „In welcher Zeit?“, geht das Gedruchse los. Die Antworten reichen von „Schaun mer mal“ über „Nur Finishen“ bis hin zu „Dem Frodo einen einschenken“. Der Leser mag schmunzeln, wenn er sich da vielleicht wiedererkennt.
In den Köpfen diskutieren dann Engelchen und Teufelchen: „Sub 10 geht bestimmt.“ – „Mehr als 10 Stunden Training schaff ich nicht.“ – „Und im Januar fange ich einen neuen Job an.“ – „Ja, aber da sparst Du 1 Stunde Arbeitsweg pro Tag.“ – „Von 11:45 nach 10 ist zu viel auf einmal, ich Bleiente pack den Marathon nie unter 4, wie soll das gehen?“ – „Aber wenn Hawaii kein Traum bleiben soll ….“ – „Hey, werde mal nicht größenwahnsinnig, in der AK70 vielleicht, da brauchst keine Quali.“ – „Ich bin erst 25!“
Die Abwägungen im Kopf sind vielfältig und so amüsant sich dieser Dialog hoffentlich liest, stecken da viele Aspekte einer richtigen, korrekten Zielsetzung drin.
Die sollte eben „SMART“ sein. SMART steht dabei für die Anfangsbuchstaben von „spezifisch“, „messbar“, „attraktiv“, „realistisch“ und „terminiert“ und definieren die Eigenschaften einer guten Zielsetzung.
Jetzt atmen wir einmal durch und gucken uns das genauer an.
spezifisch, …
Was ist denn „spezifisch“? Ein spezifisches Ziel ist eines, das konkret präzisiert wird. Also ziemlich genau das Gegenteil von „Schaun mer mal“. Hosen runter lassen ist angesagt. Zum Beispiel: „Ich will endlich den Marathon unter 4 Stunden laufen. „Das ist so einfach wie das Schreiben des Wunschzettels zu Weihnachten. Mach eine ganz konkrete Ansage! Keine Hemmungen, nicht zögern, sondern Zack und raus damit. Und am besten gleich aufschreiben. Ob man das gleich der ganzen Welt wissen lässt oder vielleicht nur dem Partner, bleibt jedem selbst überlassen.
… messbar, …
Mit dem Ziel, den Marathon unter 4 Stunden zu laufen, ist sogleich ein messbares Ziel gesetzt. Die Uhren sind unbestechlich und somit gibt es für das Ziel die beiden Zustände „erreicht“ und „nicht erreicht“. Schwieriger sind Ziele, die von Einflussfaktoren abhängen, die außerhalb der eigenen Macht stehen. Platzierungen zu erreichen hört sich ganz konkret mess- und überprüfbar an, aber ob die Konkurrenz mitspielt, weiß man nicht. Die Leichtathletik-Ikone der 80er-Jahre, Harald Schmidt, wollte bestimmt Olympiasieger und Weltmeister über die 400m Hürden werden, leider war Edwin Moses immer schneller. Eine persönliche Bestzeit ist sicher keine schlechte Leistung, aber für das Ziel, den Titel, reichte es nicht. An diesem Beispiel wird deutlich, dass Platzierungen ein Wunsch sein dürfen, aber kein Ziel sein sollten.
… attraktiv, …
„Nur Finishen“ ist übrigens auch ein messbares, nämlich ein Zeit-Ziel, denn es gibt den Zielschluss. Aber außer einem Newbie und Wenigtrainierer kauft keiner ein derart formuliertes Ziel ab. Warum? Jeder vermutet, dass da einer nicht die Wahrheit über seine eigentliche Zielsetzung erzählt, da die Herausforderung fehlt. Das Ziel erscheint einfach nicht attraktiv. Ein Finish ist unbestritten eine respektable Leistung, bitte nicht missverstehen, und schlicht die Mindestvoraussetzung für Weiteres, aber wenn der 1:10-Halbmarathoni beim Marathon sich nur die Finisher-Medaille abholen will, ist das einfach nicht glaubwürdig. Schon alleine deshalb, weil er sich ja um sein Anfangstempo Gedanken machen wird, welches er sich zutraut, es durchzuhalten. Ein attraktives Ziel muss ein Kitzel sein, eine Challenge und nichts, was man im Vorbeigehen erledigt. 2:30 wäre ein Beispiel für unseren Halbmarathoni. Das ist machbar, fällt ihm aber nicht in den Schoß.
… realistisch, …
Und es ist realistisch. 2:21 ist bei dieser Zeit auf der Unterdistanz nicht möglich. Oder: Wenn der 9:00-local-hero vom Triathlonverein „den Frodo versenken“ will, wird er bestenfalls ausgelacht. Der sieht den Frodo höchstens in der Wechselzone – und zwar beim Rad-Check-In. Dieses Ziel nehmen wir weltweit höchstens einer Handvoll Athleten ab. Etwas Anderes ist es, wenn unser schon arg strapazierte Halbmarathoni 22 ist und die 2:20 in 3 Jahren knacken möchte. Das kann realistisch sein, vorausgesetzt, er schafft das Training und bleibt gesund. Er ist noch jung genug und noch steigerungsfähig und in 3 Jahren kann man eine Menge erreichen. Die Lebensumstände und das Alter sind auch ein Aspekt, der darüber entscheidet, ob ein Ziel realistisch ist. Die Vollzeit arbeitende und alleinerziehende Mutter von 3 Kindern, die Ambitionen auf eine baldige Hawaii-Quali hat, ist entweder gnadenlos talentiert, perfekt organisiert und die Kinder sind absolut problemlos oder sie ist auf dem besten Weg in die Frustration.
… und terminiert !
„Terminiert“ ist der letzte Punkt der Zielerreichung. Sobald ein Wettkampf im Spiel ist, steht auch ein Datum im Kalender. Und dann kann es losgehen mit der Zielsetzung. Zum Beispiel: „Ich möchte 2020 beim Ostseeman unter 11 Stunden finishen.“ „Meine aktuelle Bestleistung ist bei 12 Stunden, ich habe einen 9-to-5-Job und bin gesund.“ Man kann jetzt noch über die Attraktivität des Ziels streiten, aber als Demonstration sollte das an dieser Stelle genügen.
Das Setzen SMARTer Ziele geht auch über den Sport hinaus. „Ich möchte bis Weihnachten 10 Kilo abnehmen“. „Ich möchte zum Jahresende XY 1000 Euro ansparen.“. Beispiele für SMARTe Ziele finden sich überall.
Was heißt das konkret in der Praxis?
Ziele aufschreiben und mit ein paar Vertrauten, dem Trainer, dem Partner kritisch diskutieren und hinterfragen. Als sinnvoll haben sich auch Zwischenziele erwiesen, denn die #roadtokona ist lang. Zwischenziele stellen auf dem Weg zur Vision eine hilfreiche Erfolgs- und Fortschrittskontrolle dar. Wer will denn schon vom Weg abkommen?
Auch für die Motivation ist es förderlich und eigentlich unabdingbar, sich von Zwischenziel zu Zwischenziel dem Traum anzunähern. Denn sollte der Traum ein Traum bleiben, kann man sich dennoch über jede Menge anderer Erfolge freuen. Harald Schmid (400m Hürden) ist bestimmt immer noch stolz wie Oskar über 5 mal EM-Gold und 13 nationale Titel – und völlig zu recht! Auch wenn Edwin Moses ihm die wichtigen Titel weggeschnappt hat.
Die Vision ist das Gipfelkreuz, auf dem Weg dahin sind viele Schritte zu gehen.